Samstag, 6. Mai 2017

Transcordillera Real - die Königsetappe unserer Tour

Da sind wir wieder, nach 15 Tagen in der Wildnis der Cordillera Real. Und was für Tage es waren - Höhe, Kälte, Witterung und komplette Weglosigkeit setzten uns ganz schön zu. Trotzdem - oder gerade deshalb - war diese Tour ein absolut einmaliges Erlebnis. Da sich aber sicherlich niemand von euch für eine detaillierte Zusammenfassung jedes Tages interessiert, haben wir uns entschieden, diesen Bericht als eine Art Steckbrief zu formulieren...

Länge der Route: 135km
Höhenmeter insgesamt: 10250m
Tiefster Punkt: Sorata, 2700m (unser Ausgangspunkt)
Höchster Punkt: Pico Austria, 5348m
Niedrigster Schlafplatz: Cocoyo, 3800m
Höchster Schlafplatz: Chiar Khota, 4800m
Anzahl der Pässe über 5000m: 9
Anzahl der Tage mit Schneefall: 4, jeweils ~10cm

Der Weg:
Wie bereits schon kurz erwähnt- einen Weg gab es nicht! Das Maximum an Weg, das wir zwischenzeitlich einmal hatten, waren schmale Maultierepfade, denen wir kurzzeitig folgen konnten. Aber ein Phänomen- je näher man den vermeintlichen Spuren kam, desto weniger gut erkennbar und begehbar waren sie. Meistens ging es also steil bergauf, täglich meist zwischen 600 und 1000 Höhenmeter, und danach ähnlich steil wieder bergab. Das Terrain wechselte regelmäßig von Schutt, über klebrigen Lehm, Schnee bis zu Moorlandschaften in den Tälern. So waren die Schuhe abwechselnd nass, lehmig-schwer und manchmal schön von der Sonne getrocknet. Dank GPS, Handy und Karte haben wir es aber trotz der Weglosigkeit und den damit einhergehenden Schwierigkeiten über Pässe, durch die Täler bis zum Condoriri Base Camp geschafft!


Wer erkennt den Weg?

Das Wetter:
Unser Lieblingsthema und leider elementar wichtig in den Bergen. Von vorne angefangen- wir hatten wunderschöne erste Tage. Auf der Ostseite der Cordillera am Fuße des Illampu schmeichelte uns die Sonne und wir hatten tolle Wandertage und schöne Nachmittage in der Sonne. An Tag 5 überquerten wir den Paso Calzado auf die Westseite der Cordillera. Ab hier wurde das Wetter stetig schlechter... Es fing an mit Schnee über Nacht - witzig, dachten wir und machten uns keine Sorgen. Dann gab es mehr Schnee über Nacht und wir fingen schon an uns Sorgen zu machen. Wir stellten den Wecker auf Zwei Uhr nachts, aus Angst, dass das Zelt über uns zusammenbricht. Zum Glück passierte nichts und am nächsten Morgen ging es weiter. Zwar begrüßte uns der nächste Tag mit strahlend blauem Himmel, aber dies hielt nicht lange an und schon mittags waren wir mitten im Gewitter, Hagel und Schnee. Zähne zusammengebissen, Augen zu und durch, bis der Wettergott am Tag darauf ganz die Beherrschung verlor und wir uns den gesamten Tag durch einen Schneesturm kämpften. Alles war nass, eisig kalt und wir am Ende mit den Nerven und unseren Kräften. Wir waren ganz nah daran, am nächsten Morgen einfach das Tal Richtung Altiplano rauszuwandern, um irgendeinen Weg aus den Bergen zu finden, als am nächsten Morgen die Sonne zur Entschuldigung vorbeikam. 15cm Schnee auf dem Zelt, aber strahlend blauer Himmel und eine Traumlandschaft um uns herum! Dem Wetter getrotzt genossen wir einen wunderschönen Sonnentag am See, sodass es am nächsten Tag weitergehen konnte. Wer hätte das am Tag vorher noch gedacht!


Die Zeltplätze:
Wildnis pur- da es keine Wege gab, gab es auch niemanden, der uns sagen konnte, wo wir stehen dürfen und wo nicht. Schwierig war es manchmal in den Tälern einen geeigneten Platz zu finden, da die Böden sehr morastig waren, aber fündig wurden wir immer. Seht selbst:





Die Berge:
Atemberaubend, wunderschön, hochalpin, Himalaya-artig, schneebedeckt, majestätisch, einsam- man findet genug Adjektive um die Cordillera Real zu beschreiben...








Ein Beispieltag:
6:00... Ding-dong, Ding-Dong.... Der Wecker klingelt... Aber egal, erstmal wird noch 5 Minütchen weitergestellt.
Und der Wecker klingelt wieder... Jetzt wird aber aufgestanden! Und es ist eisig kalt, das Zelt ist von ihnen gefroren und wir sehen unseren Atem. Noch im Dunkeln wird das im Schlafsack über Nacht angewärmte Wasser aufgesetzt. Während das Wasser langsam kocht, wird es hell und wir können schon ohne Kopflampe frühstücken. Hmmm, heißer Kaffee und warmer Haferbrei mit Rosinen. wenn das mal nicht ein optimaler Start in den Tag ist!
Dann wird aufgeräumt, keiner von uns hat Lust, weil es bedeutet sich aus dem Schlafsack zu schälen und sich umzuziehen. Um 8:00 sind wir dann aber in der Regel abmarschbereit und es geht erstmal steil den Berg hoch. Zwischen 10:00-12:00 ist meist der Pass erreicht und auf der anderen Seite gibt es Mittagessen - Erdnussriegel! Lecker und vor allem schön Energie für den Nachmittag. Dann wandern wir noch ein bisschen vor uns hin, meist ziemlich steil den Berg hinunter und kommen so zwischen 14:30 und 17:00 an, suchen uns einen Campingplatz und schnell wird das Zelt aufgebaut. Dann können wir uns entspannen und in den Schlafsack kriechen bis es dann Abendessen gibt und möglichst schnell ins Bett geht. Müde und zufrieden liegen wir in den warmen Schlafsäcken, geschützt vor der beißenden Kälte und hoffen, dass es nicht regnet, nicht schneit und morgen wieder ein schöner Tag wird.



Linda beim Trocknen des Schlafsacks

Was wir vermissen werden:
- Die Sicht auf zahllose 5000er und 6000er
- Die Sternenhimmel in klaren Nächten
- Die völlige Einsamkeit
- Die hochalpine Atmosphäre
- Die neugierigen Llamas
- Das Gefühl, einen Pass zu überschreiten und die nächste atemberaubende Aussicht zu haben
- Die riesigen Condore, die königlich über unseren Köpfen kreisten
- Den ersten Schluck heißen Kaffee am Morgen und das beste Trekkingfrühstück der Welt

Was wir nicht vermissen werden:
- Die Kälte (morgens waren Inhalte von Wasserflaschen und selbst Feuerzeuge komplett gefroren)
- Die Nässe
- Die völlige Weglosigkeit
- Die sumpfartigen Talböden
- Den Hunger
- Das kräftezehrende Wandern im Tiefschnee

1 Kommentar:

  1. Liebe Linda, lieber Felix,

    die Beschreibung ist fast unglaublich....und die Bilder atemberaubend schön.
    Freue mich, dass Ihr die Anstrengungen überstanden habt, die einmaligen Erinnerungen mitnehmen könnt.
    Gute Erholung in La Paz.
    Liebe Grüße. Susanne

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